03.11.2023
Halle des Königs Hinz gefunden
Einen Fund, der in der gesamten nordischen Bronzezeit (2200 bis 800 v. Chr.) seines Gleichen sucht, machte das Ausgrabungsteam nahe des Grabhügels von König Hinz. Dort wurden jetzt Reste eines zehn mal 31 Meter großen Versammlungsraums aus der Bronzezeit freigelegt – allein die Größenordnung ist zumindest in Deutschland für diese Epoche einmalig. Jetzt wurde der Fund offiziell vorgestellt.
Wer auch immer die Prignitz für eine Randregion hält, den haben Archäologen
jetzt eines besseren belehrt, zumindest was die Bronzezeit angeht: Denn
offenbar war die Region zu Zeiten des sagenumwobenen Königs Hinz bis vor etwa
2800 Jahren ein Machtzentrum.
Dafür spricht, dass die Archäologen nunmehr Überreste eines Versammlungsraums aus dem 9. oder 10. Jahrhundert vor Christus entdeckt haben, dessen Größenordnung für die nordische Bronzezeit einmalig ist – ein Fund von deutschlandweiter, wenn nicht europaweiter Bedeutung.
SiSe I – Siedlungsumfeld Seddin lautet der Titel des auf drei Jahre angelegten Forschungsprojektes, das seit Februar dieses Jahres läuft und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 300.000 Euro unterstützt wird. Die Kooperation zwischen dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologischem Landesmuseum (BLDAM) und dem Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Universität Göttingen trug nun schon im ersten Jahr Früchte.
Schon bis jetzt gilt das 1899 entdeckte und auf das 9. vorchristliche Jahrhundert datierte Königsgrab bei Seddin als bedeutendste Anlage ihrer Zeit im nördlichen Mitteleuropa. Der neue Fund untermauert dies eindrücklich, wie bei der Präösentation deutlich wurde.
Neben dem Ausgrabungsteam unter Leitung von Dr. Immo Heske (Universität Göttingen) präsentierten der brandenburgische Landesarchäologe Professor Dr. Franz Schopper sowie Staatssekretär Tobias Dünow vom brandenburgischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur den Sensationsfund.
Der Landkreis Prignitz war vertreten durch Leiter des Geschäftsbereichs 2, Christian Fenske, den Sachbereichsleiter Denkmalschutz, Gordon Thalmann, sowie den Kreisarchäologen Torsten Geue. Als Vertreter der Gemeinde Groß Pankow war Ordnungsamtsleiter Karsten Lehmann gekommen. Auch der Geschäftsführer des Tourismusverbands Prignitz, Mike Laskewitz, ließ es sich nicht nehmen, bei der Präsentation der Halle des Königs dabei zu sein.
Tobias Dünow: „Was hier präsentiert wird, ist wirklich spektakulär. Für einen solchen Fund braucht man sicher Glück. Er ist aber auch das Ergebnis einer vorbildlichen Zusammenarbeit auf unterschiedlichen Ebenen, insbesondere auch mit dem Landkreis Prignitz und der Gemeinde Groß Pankow.“
Der Staatssekretär wies auch darauf hin, dass in Seddin das erste und bislang einzige Grabungsschutzgebiet in Brandenburg ausgewiesen ist, das seit vielen Jahren interdisziplinär erforscht wird.
Christian Fenske: „Das ist ein richtig tolles Projekt von Menschen mit Herzblut. Vielen Dank dafür an Immo Heske, Franz Schopper, Gordon Thalmann, Torsten Geue und überhaupt alle Beteiligten. Es ist ein wirklicher Sensationsfund. Wir haben in unserem Fachbereich noch einen anderen Blick auf das Projekt: Denn eine wichtige Säule ist bei uns der Tourismus.“
Karsten Lehmann: „Ich will allen Danke sagen, die hier sind, auch den Landeigentümern und Bewirtschaftern. Ich freue mich, hier wieder ein Grabungsprojekt auszuwerten und vielleicht noch ganz andere Funde zu begutachten.“
Franz Schopper: „Das ist ein absoluter Volltreffer: Ein extrem ausgedehnter Grundriss mit dem Herzstück einer Feuerstelle in der Mitte.“
Laut Schopper bestanden die Wände aus Holzbohlen und einem Flechtwerk aus Lehmverputz. Vermutet wird dass es etwa sieben Meter hoch war und weitere Geschosse hatte.
Schopper: „Eine Vielzahl von Akteuren hat sich um Seddin verdient gemacht. Vielen Dank an die Gemeinde Groß Pankow, an den Landkreis Prignitz und an das Land Brandenburg. Alle haben sich finanziell engagiert.“
Immo Heske: „Das ist das größte Gebäude seiner Art, wir kennen aus dieser Epoche nur vier Gebäude in einem Zeitraum von 1000 Jahren, die diese Breite aufweisen. Die Innenfläche im Erdgeschoss beträgt 254 Quadratmeter. Es dürfte sich um eine Halle für überregionale Zusammenkünfte mit einer Feuerstelle handeln.“
Wobei kaum mehr als der Grundriss und ein paar Feldsteinreste auf den ersten Blick auszumachen sind. Von einem etwas erhöhten Standort oder aus der Luft lässt sich aber das Ausmaß des Funds und sein Umriss gut erkennen.
Heske erklärte, wie man einen Gebäuderest auf diesem Gelände ausmacht, obwohl es eigentlich keine Keramikfunde gibt: „Wir haben eine Schatzkiste und suchen doch nach dem Schatz, weil wir ihn nicht sehen.“ So ist man zu7m Beispiel darauf angewiesen, Verfärbungen im Boden deuten zu können.
Immerhin ein Gefäß, das für rituelle Zwecke genutzt worden sein könnte, wurde doch gefunden. Zum Vergleich hatte Heske ein Exponat aus dem Perleberger Museum dabei.
Laut Schopper sollen die Forschungsergebnisse auch der Öffentlichkeit präsentiert werden. Neben einer umfangreichen Publikation seien vor Ort Informationstafeln und eventuell ein Modell der Halle geplant. In Absprache mit den Kommunen solle dies in einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren realisiert werden, sagte Schopper.
Auf großes Interesse stieß dies auch bei Mike Laskewitz, der gute Chancen sieht, diesen Fund auch zur Förderung des Tourismus nutzen zu können.
Die Prignitz ist auf jeden Fall um eine Attraktion reicher!
© Landkreis Prignitz