17.11.2025
Trogmühle, Münzen und verborgene Tiefen
Es ist zwar nicht die schönste Jahreszeit, um Unmengen an Schutt und Erde beiseite zu schaffen, aber davon ließen sich die 20 Studentinnen und Studenten der HTW Berlin und interessierte Kletzker Bürger in den letzten zwei Wochen nicht beirren. Viel zu groß war ihre Neugierde, herauszufinden, was in den Erdschichten unter ihren Füßen verborgen liegt.
Kletzke ist in den vergangenen zwei Wochen wieder einmal zum archäologischen Ausgrabungspunkt geworden. Die HTW Berlin hatte im Rahmen eines Förderprojektes des Kultusministeriums Brandenburg für den Studiengang „Grabungstechnik“ eine zweiwöchige Grabungsstätte gesucht.
Das Besondere: Nicht nur die Studierenden des Erst-, Dritt- und Fünftsemesters sollten die Chance haben, in den Erdschichten nach Fragmenten alter Zeiten zu suchen, sondern auch Bürgerinnen und Bürger. Dafür waren die Schlossruine und die alte Motte – ein mittelalterlicher Burgtypus – prädestiniert, erklärt der Kreisarchäologe Torsten Geue. „Egal wer man ist, egal wie grobmotorisch man vielleicht veranlagt ist, die 1,5 Meter breiten Mauern an der Schlossruine sind so massiv, da kann jeder dran arbeiten und sich ausprobieren, ohne Angst haben zu müssen, Fehler zu machen.“
So hatten auch Kletzker Bürgerinnen und Bürger die Chance, die 20 Studierenden unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Schenk zu unterstützen. „Die Prignitz ist grundsätzlich sehr interessiert an der Geschichte der Region“, so Geue. „Wir freuen uns sehr, dass das Projekt so positiv angenommen wurde. Wir hoffen, damit auch nochmal mehr Verständnis und Bewusstsein für diese Arbeit zu schaffen.“ Der „Wir für Kletzke/Plattenburg e.V.“ hatte bei der Akquise der freiwilligen Helfer unterstützt und den Antrag beim Ministerium gestellt.
Das Gelände ist für Prof. Dr. Thomas Schenk und sein Team kein unbekanntes Terrain. Im Jahr 2023 hatte er bereits auf der Motte, die sich circa 100 Meter westlich der Schlossruine im Wald befindet, gegraben. Im vergangenen Jahr setzten die „Jungen Archäologen Prignitz“ die Arbeiten an der Schlossruine fort. Zusätzlich wurden auf beiden Arealen geophysikalische und geomagnetische Messungen durchgeführt. Diese zeigten: Es wurden noch längst nicht alle Geheimnisse, die im Erdreich verborgen liegen, gelüftet.
Das sollte nun geschehen – zumindest in Teilen. „Wir haben mit den jungen Archäologen im letzten Jahr an ihrem letzten Tag einen Lichtschacht entdeckt. Der hat uns gezeigt, dass nochmal ein komplettes Geschoss tiefer liegen muss, obwohl wir bereits in zwei Metern Tiefe gearbeitet hatten. Wir waren also immer noch nicht am Fußboden des Erdgeschosses angelangt. Das war natürlich super spannend, aber aufgrund der fehlenden Zeit haben wir ihn nicht mehr freilegen können. Das wollten wir jetzt nachholen“, erklärt Geue.
Das Ziel bei der Motte war es, Reste des alten Wohnturmes zu finden. „Wir vermuten, dass wir jetzt auf den verfüllten Keller gestoßen sind. Der umfasst im Querschnitt circa fünf bis sechs Meter“, erläutert der Kreisarchäologe.
Doch nicht nur das. Auch andere Schätze konnten bei den Grabungen geborgen werden. „Das absolute Highlight ist das Fragment einer Trogmühle mit Gesicht, das wir finden konnten. Und das ist wirklich etwas Besonderes, denn davon gibt es nur ganz wenige in Deutschand.“
Außerdem konnten ein Armbrustbolzen, eine gut erhaltene Silbermünze aus dem 15. Jahrhundert, Knochen von Tieren und eine Buchschließe sichergestellt werden. „Die Buchschließe deutet auf den Reichtum hin, den die Burgherren von Quitzows hier hatten. Bücher waren damals wertvoll und wurden noch von Hand abgeschrieben“, erklärt Torsten Geue.
Am Donnerstag hatte der Sachbereich Denkmalschutz des Landkreises alle Prignitzer und Prignitzerinnen eingeladen, sich selbst ein Bild von den Funden und Forschungsfortschritten zu machen. Um die 40 Teilnehmer und Teilnehmerinnen waren dem Aufruf gefolgt. Nach zwei Wochen intensiver Grabungen wird in Kletzke nun erst einmal wieder Ruhe einkehren. Die Studentinnen und Studenten, die für diese Zeit im Schlosshotel Kletzke untergebracht waren, kehren in die Hörsäle zurück. Das Projekt ist vorerst beendet.
Auch wenn der Lichtschacht an der Schlossruine freigelegt werden konnte, konnte der Grund aus Sicherheitsgründen noch nicht erschlossen werden. Die dortigen Grabungen werden aber provisorisch gesichert und so für die Öffentlichkeit sichtbar bleiben, erläutert Geue. „Diese doch sehr eindrucksvollen Mauern wird man weiterhin sehen.“ Anders bei der Motte. Hier werden die Schnitte wieder verfüllt.
Wie es in Kletzke genau weitergeht, steht noch nicht fest. Grundsätzlich steht der Sachbereich Denkmalschutz aber auch in Zukunft weiteren Projekten offen gegenüber. Noch immer gibt es offene Fragen, die es zu klären gilt.
Inwieweit hier aber wieder die Studenten des Studiengangs „Grabungstechnik“ der HTW involviert sein werden, steht in den Sternen, denn dem Kurs droht die Schließung, wie Geue berichtet. „Das Land Berlin hat die Hochschulenförderung gekürzt. Der Kurs ist relativ klein und steht damit auf der Kippe. Eine Schließung halten wir aber von unserer Seite aus für einen großen Fehler. Wir benötigen die Fachkräfte in Brandenburg dringend“, macht Geue seine Einstellung deutlich.
Denn mittlerweile ist die Archäologie nicht mehr nur ein rein akademisches Fach, sondern auch ein Wirtschaftszweig. Grabungstechniker und Archäologen müssen bei vielen Baumaßnahmen beteiligt werden, beispielsweise auch im beim Bau von Autobahnen oder bei Straßensanierungen. „Es gibt nur zwei Dutzend Grabungsfirmen in Brandenburg und diese sind bereits alle ausgelastet. Gibt es nicht genügend Fachkräfte, kann es zu Verzögerungen kommen. Im reinen Archäologiestudium werden Grabungstechniken so nicht vermittelt. Fällt dieser Kurs weg, wäre das ein ziemlich harter Schlag.“
© Landkreis Prignitz
